Kultur
Der zentrale Leitgedanke der grokarischen Gesellschaft ist der sogenannte "drengskapr", also der Zustand, ein "drengr" zu sein. Dieser Begriff bezeichnet einen idealen Menschen, welcher stets mutig und aufrichtig handelt, sich Ehre verdient und diese verteidigt, verlässlich und auch zu einem gewissen Grad draufgängerisch ist. Dieses Ideal des drengskapr ist eng verbunden mit dem grokarischen Konzept der persönlichen Ehre: so können sich zwei Menschen, die einander im Kampf auf Leben und Tod gegenüberstehen, gegenseitig als drengr respektieren, während eine Familie ein Mitglied, welches als argr gilt, also feige/ehrlos, verabscheut. Diese Form der Ehre mag dem Erianer als sehr gewalttätig erscheinen: von einer Person, welche von einer anderen geschädigt wurde erwartet man, dass sie sich dafür rächt, selbst wenn eine friedliche Lösung des Konflikts beiden Parteien als gewinnbringender erscheint. Die Bewahrung des eigenen Status als drengr ist auch deshalb wichtig, weil die Ehre der Familie von der Ehre ihre Mitglieder abhängt: weine Familie, welche ein ehrloses Mitglied toleriert, gilt selber als weniger respektabel in der Gesellschaft.
Die grokarische Kultur war und ist darüber hinaus von einer gewissen Oberflächlichkeit geprägt, welche für Erianer befremdlich und sogar abstoßen wirken mag. Insbesondere über Fehler einer Person, seien sie körperlicher oder verhaltensmäßiger Natur, wurde gnadenlos geurteilt: nicht wenige Grokaren tragen Beinamen, welche sich auf ihre körperlichen oder geistigen Makel beziehen: der König Ásgeirr als prominentes Beispiel wurde aufgrund seiner miserablen Herrschaft als "inn Heimski", "der Törichte", bezeichnet.
Die Grokaren kannten traditionell keine Nachnamen im modernen erianischen Verständnis. Stattdessen tragen sie den Namen ihres Vaters oder ihrer Mutter zusammen mit dem Anhängsel "-son", "-sohn", oder "-dóttir", "-tochter". Beispielhaft dazu: Sígurðr, der Sohn des Grokarenkönigs Goðmundr, hieß mit vollem Namen Sígurðr Goðmundsson; Sólveig, die Tochter des Königs, hieß dagegen Sólveig Goðmundsdóttir. Diese Tradition hat sich in vielen grokarisch-stämmigen Familien auch bis heute gehalten. Bei Verwechslungsgefahr kam oft der Herkunftsort oder der Name eines Großvaters oder einer Großmutter dazu. Beinamen spielten dafür eine etwas wichtigere Rolle als bei den Erianern. Herrscher trugen Beinamen, welche ihre Herrschaft charakterisieren; das einfache Volk trug Beinamen, welche sich auf einzigartige Identifikationsmerkmale bezogen. Diese konnten positiver Natur, wie aber vorher erwähnt oft auch negativer Natur sein.
Gesellschaft
Aufgrund der Quellenlage beziehen sich diese Ausführung primär auf die Struktur der Gesellschaft im Südreich, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit kein exaktes Ebenbild der "klassischen" grokarischen Gesellschaft war.
An der Spitze des Südreichs stand der Konungr, (grok.: König). Das Reich selbst war in drei Teile gegliedert: Vestrvegr, Austrvegr, und Norðrvegr (grok. respektiv: Westliches Gebiet, Östliches Gebiet, Nördliches Gebiet). Einem jeden dieser Gebiete war ein Jarl (grok.: Graf) vorgestellt, wobei der König selbst meist der Jarl von Vestrvegr war.
Die zentrale politische Institution der Grokaren war das Þing, einer Art Volksversammlung. Die Bewohner eines Dorfes kamen jeweils zusammen und erwählten sich aus ihrer Mitte einen Hersir, eine Art Vertreter, der dann seine Gemeinschaft beim großen Þing vor dem Jarl, dem Grafen seiner Region, vertrat. Beim Þing wurden Gesetze verkündet, sowie die Anliegen der einzelnen Gemeinschaften dem Jarl vorgebracht, welcher sie dann an den König weitertrug.
Wie bereits vorher besprochen war auch hier das persönliche Bündnis zwischen Personen und zwischen Herrschern und Untergebenen ausschlaggebend. Hersir konnte nur werden, wer den Rückhalt seiner Gemeinschaft hatte; genauso konnten Jarle abgewählt werden, wenn die ihnen unterstehenden Gemeinschaften ihnen die Treue versagte. Sogar der König war vom Rückhalt seines Gefolges abhängig; auch wenn der Sohn des Königs durch seine Abstammung allein qualifiziert war, musste er dennoch von den Jarlen und seinem Gefolge akzeptiert werden. Das Festhalten an der Wahl als politischer Form, welche vermutlich ein Kernbestandteil der alten grokarischen Gesellschaft war, festigte das Reich einerseits durch die engeren Bande zwischen Herrschern und Beherrschten, schwächte es aber gleichzeitig in Zeiten des Wandels, wie sich bei der Spaltung des Reichs unter König Ásgeirr zeigte.
Entfernt von der politischen Ebene war die Familie bei den Grokaren das zentrale Standbein der Gesellschaft. Der Familienvater, in manchen Fällen aber auch die Mutter, war das Oberhaupt der gesamten Sippe, und trug neben der Befehlsgewalt aber auch die Verantwortung für den Ruf aller Verwandten. Das Familienoberhaupt war auch der Vertreter der Familie beim Þing. Alle Söhne und Töchter waren gleichermaßen erbberechtigt; das älteste Kind erbte den gesamten Landbesitz der Familie, war aber dazu verpflichtet, das Auskommen seiner nicht-erbenden Geschwister aus dem Familienbesitz sicherzustellen.
Ein Aspekt der grokarischen Gesellschaft, der dem heutigen Erianer grenzwertig erscheinen mag, war die Sklaverei. Sklaven waren dabei als leibeigene Hausdiener zu verstehen, welche meist aus Kriegsgefangenen oder auf Seefahrt geraubten Personen bestand. Sklaven galten als Teil der Familie, wurden weitervererbt, und vererbten selbst den ihren Stand als Sklave an ihre Kinder, welche ebenfalls der Familie gehörten. Sklaven konnten sich gegebenenfalls freikaufen. Auch Erianer wurden im Südreich versklavt; dabei stammten die meisten aus der Zeit der Eroberung des dornischen Stammlandes.
Sprache
Die Sprache der Grokaren, das Grokarisch, Eigenbezeichnung Norrœna, "Nordsprache", ist der erianischen Sprache relativ nah; vermutlich entstanden beide Sprachen aus einer gemeinsamen melravischen Ursprache.
Die ursprüngliche Schrift der Grokaren wird als Runen bezeichnet. Diese Schrift, welche sich mit der Zeit auch durch erianischen Einfluss weiterentwickelte, wurde ursprünglich zum Schreiben auf Stein und Holz entworfen, da die frühen Grokaren kein Papier oder Pergament kannten. Bei ihrer Landnahme in Erianor brachten die Grokaren ihre Schrift mit sich; noch heute finden sich insbesondere in der Grafschaft Nordmeer eine große Zahl sogenannter Runensteine: einer Art Monument, auf dem besondere Ereignisse oder Personen gewürdigt werden.
Im Zuge ihres Kontaktes mit den Erianern übernahmen die Grokaren auch die erianische Schriftkultur. Uns ist ein großer Korpus bestehend aus Belletristik und Sachbüchern erhalten geblieben, der uns bis heute tiefere Einblicke in die grokarische Kultur und Geschichte, sowie eine zweite Perspektive auf die erianische Geschichte ermöglicht.
In ihrer heutigen Form wird das Grokarisch allerdings nicht mehr mit Runen, sondern mit einem angepassten erianischen Schriftsystem geschrieben, welches seine Ursprünge bereits in der Zeit des Südreichs hatte.
Es folgt eine Übersicht über die späteste Form der grokarischen Schrift, mit den entsprechenden Buchstaben in der erianischen Schrift:
ᛆ,A; ᛒ,B; ᛑ,D; ᛂ,E; ᚠ,F; ᚶ,G; ᚼ,H; ᛁ,I/J; ᚴ,K; ᛚ,L; ᛘ,M; ᚿ,N; ᚮ,O; ᛕ,P; ᚱ,R; ᛋ,S; ᛐ,T; ᚢ,U/V; ᛦ,Y; ᚦ,ᚦ/ð/th, ᛅ,æ; ᚯ,Ǫ/Ø
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